Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete der demokratischen Fraktionen,
am 19.01.2023 – nach mehr als acht Jahren der Furcht, des Schmerzes und der Trauer nach dem jüngsten Völkermord an den Jesiden durch die Terroristen des Islamischen Staates – haben Sie der jesidischen Gemeinschaft weltweit Hoffnung und Zuversicht gegeben: Sie sind der Bitte unseres Volkes nachgekommen und haben den Völkermord einstimmig (!) anerkannt.
Darüber hinaus haben Sie auch 20 Punkte zur Umsetzung beschlossen. 20 Punkte, die unabdingbar sind. Für die Umsetzung verlangt der Haushaltsausschuss des Bundestages einen breit unterstützten Antrag aus der Mitte der jesidischen Gemeinschaft in Deutschland.
Ein Jahr nach diesem Beschluss steht nun die Verwirklichung eines Punktes an: der Bau einer Gebets- und Gedenkstätte für die jesidische Gemeinschaft in Deutschland als Ort der Erinnerung an den Völkermord von 2014. Im November hat die SPD-Bundestagsfraktion dazu nun jedoch mehrere Privatleute und einige wenige jesidische Vereinsvertreter eingeladen, in dieser Angelegenheit mitzuwirken. Diese Vorgehensweise stellt keineswegs einen „breit unterstützten Antrag“ aus der Mitte der jesidischen Gesellschaft dar.
Im Gegenteil: viele zentrale jesidische Akteure werden von der Umsetzung offenbar bewusst ferngehalten. So sind wir als Stelle für jesidische Angelegenheiten – die Initiatoren der Bundestagspetition zur Anerkennung des Völkermordes – und die Mehrheit jener Vereine und Organisationen, die uns maßgeblich bei der Umsetzung der Anerkennung unterstützt haben, nicht eingeladen.
Viele der Vereine und Organisationen, die damals die Anstrengungen rund um die Petition zur Anerkennung des Völkermordes maßgeblich unterstützten, sind von diesem Vorgehen betroffen. Zu den Unterstützern zählten damals:
* Bündnis der Ezidischen Jugend e.V.
* Dachverband des êzidischen Frauenrats e.V.
* Deutsch-Yezidischer Kulturverein e.V.
* Dorfgemeinschaft der Mihoka e.V.
* Exil Rat Sinjar e.V.
* Eziden Weltweit e.V.
* Ezidische Gemeinde OWL e.V.
* Ezidische Gemeinde Sulingen e.V
* Ezidische Gemeinde West Münsterland e.V.
* Êzîdische Jugend Deutschland e.V.
* Êzîdische Jugend Norden e.V.i.G.
* Ezidischer Frauenrat Berlin – Binevs e. V.
* Êzîdischer Kulturverein Bielefeld e. V.
* Ezidischer Kulturverein HK e.V.
* Ezidisches Kulturzentrum Celle e.V.
* Ezidisches Kulturzentrum Wesel e.V.
* Gesellschaft Êzidischer AkademikerInnen e.V.
* Hawar Hilfswerk
* Hawar.help e.V.
* Jesidischer Trachtenverein e.V.
* Landesverband der Êzîden in Niedersachsen
* Navenda Canda Ezidxan e.V.
* Yezidische Gemeinde Osterholz e.V.
* Yezidischer Kulturverein in Ostfriesland e. V.
* Yezidisches Forum e.V. Oldenburg
* Zentralverband der êzidischen Vereine e.V.
Das demokratische Engagement der aufgelisteten Vereine und Organisationen ist ein wichtiger Bestandteil jesidischen Lebens in Deutschland und verdient Wertschätzung, Anerkennung und Repräsentation bei der Umsetzung dieses historischen Beschlusses des Bundestags!
Wir bitten daher die Bundesregierung, allen voran die SPD-Bundestagsfraktion, den Beschluss des Bundestages gewissenhaft und nach den demokratischen Kriterien des Beschlusses vom 19.01.2023 mit der gesamten jesidischen Gemeinschaft und fernab freundschaftlicher Beziehungen umzusetzen.
Stelle für Jesidische Angelegenheiten e.V.
Berlin, den 19. Januar 2024