Am Sonntag, den 11.02.2024 folgte eine Delegation der Stelle für Jesidische Angelegenheiten bestehend aus Sarkis Agojan, Sedat Özgen und Gohdar Alkaidy der offenen Einladung des Organisationsteams zur Planung der Umsetzung des Bundestagsbeschlusses zum Bau einer Gedenkstätte für die Opfer des Völkermordes an den Jesiden im Jahr 2014 nach Bielefeld (NRW).

Dass dieses Planungstreffen überhaupt offen für alle Vereine und Organisationen abgehalten wurde, ist dem unermüdlichen Einsatz mehrerer jesidischer Akteure zu verdanken: Sie legten bei der Politik Beschwerde ein gegen den Versuch des Vereins „Zentralrat der Êziden in Deutschland e.V.“ die Umsetzung dieses für die jesidischen Gemeinschaften so wichtigen Vorhabens im Alleingang und ohne Beteiligung und Mitsprache anderer jesidischer Vereine durchzuführen.

Leider hatte das Vorgehen des Vereins „Zentralrat der Êziden in Deutschland e.V.“ im Vorfeld bereits für so viel Irritation und Frustration gesorgt, dass insbesondere jesidische Vertreter aus der Shingal-Region dem Planungstreffen fernblieben. Einige andere jesidische Aktivisten wurden außerdem proaktiv vom Organisationsteam ausgeschlossen. Die Folge war, dass bei dem Planungstreffen für den Bau einer Gedenkstätte für die Opfer des Völkermords an den Jesiden gerade diejenige Region unterrepräsentiert war, die im Jahr 2014 vom Völkermord betroffenen war.

Die Stimmung unter den Teilnehmern war dementsprechend von Anfang an sehr angespannt und Unruhe sowie Unverständnis trübten die Zusammenkunft. So sagte der unter Jesiden bekannte Dichter Heci Qeyranî, keiner im Team wisse, wo Gir Zerk und Kodscho, zwei besonders vom IS zerstörte Ortschaften, lägen. Und weiter: „Wir sind gerade noch gut genug eure Säle zu füllen, da machen wir nicht mehr mit!“ Unser Co-Vorsitzender betonte in seinem Redebeitrag, dass es wichtigere Themen gibt, womit sich ein „echter Zentralrat“ aktuell beschäftigen sollte: so nannte er die fortwährenden Abschiebungen von Jesiden in den Irak, aber auch die Korruption innerhalb der jesidischen Gemeinschaft. „Hier im Organisationsteam sitzen – bei allem gegebenen Respekt – einige sehr junge Menschen, die sich als Vertreter der Jesiden in Deutschland ausgeben mit der Begründung, die Eminenz Baba Sheikh sei ihr Onkel. Das ist auch schön und gut, aber Baba Sheikh ist eine Institution, eine Säule im Jesidentum. Trotzdem haben wir Jesiden unsere Regeln. Wer uns vertritt und wer nicht, hängt nicht von verwandtschaftlichen Beziehungen ab.“ Des Weiteren kritisierte Gohdar Alkaidy den anfänglichen Versuch des Organisationsteams aus „Zentralrat der Êzîden in Deutschland e.V.”, „Gesellschaft Ezidischer Akademiker e.V.“, „Yezidisches Forum Oldenburg e.V.“ , „Alias e.V.“ und dem „Zentralverband der Êzidischen Vereine e.V. – Nav-Yek“, aus einer vom Deutschen Bundestag beschlossenen Förderung einer Gedenkstätte für die Opfer des Völkermordes eine religiöse Gebetsstätte machen zu wollen.

Zum Ende der Veranstaltung wurden die Teilnehmer darum gebeten, sich aktiv an der Umsetzung des Projektes zu beteiligen. Dafür wurde eine Liste mit den Vereinen per Unterschrift erstellt, die beim nächsten Treffen wieder dabei sein wollen. Trotz Diskrepanzen und verbalen Auseinandersetzungen unter den Teilnehmern bekräftigte  die Stelle für jesidische Angelegenheiten e.V. ihr Engagement, dieses bedeutende Projekt zum Wohle des jesidischen Volkes zu unterstützen.

Jedoch appelliert die Stelle für jesidische Angelegenheiten e.V. an alle Beteiligten mit Nachdruck, beim Bau der Gedenkstätte

  • Auch die Perspektiven von Vertretern der Region Shingal zu berücksichtigen
  • Den in den Veröffentlichungen des Bundestags beschriebenen Charakter des Bauwerks als eine Gedenkstätte zu entsprechen, nicht wie im Förderungesantrag des Alias e.V. zu lesen eine „Gebets- und Gedenkstätte“
  • In Zukunft von intransparentem Vorgehen bei der Planung und von der Durchsetzung von Einzelinteressen von Vereinen und/oder Einzelpersonen abzusehen

Die Entscheidung, eine solche Gedenkstätte zu errichten, folgt der offiziellen Anerkennung des Völkermords, die durch die Einreichung einer Bundestagspetition unter der Leitung unseres Co-Vorsitzenden Gohdar Alkaidy erreicht wurde. Es ist ein notwendiger Schritt, um die Erinnerung an die Opfer und ihr unsagbares Leid lebendig zu halten. Wir blicken hoffnungsvoll auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit allen, die bereit sind, sich für dieses Vorhaben einzusetzen.

Stelle für Jesidische Angelegenheiten e.V.