In unserer Reihe „Jung, Jesidisch, Erfolgreich“ stellt die Stelle für Jesidische Angelegenheiten junge JesidInnen vor, die in Deutschland und Europa nicht nur eine neue Heimat gefunden haben, sondern mit besonders gutem Beispiel in unserer Gesellschaft vorangehen und uns zeigen, wie Integration und das Erfüllen individueller Träume Hand in Hand gehen.

Das breite Kreuz, die dicken Oberarme und die athletische Figur von Yonis Mirza – von seinen Freunden nur „Mischa“ genannt – täuschen sein Gegenüber: „Nein, ich bin kein Boxer“, sagt er SJA lachend. „Dafür hätte ich eine gebrochene und platte Nase haben müssen. “, ergänzt er.

Das Interview wurde geführt von Gohdar Alkaidy

Yonis’ athletisches Herz schlägt für etwas ganz anderes: Armwrestling! Der 28-jährige Jeside hat seine Leidenschaft schon in der frühen Kindheit entdeckt. „Aber es gab bei uns in der alten Heimat keine Möglichkeit, dieser Sportart nachzugehen.“ Das hat ihn davon nicht abgehalten, seinem Traum nachzugehen und jeder noch so kleinen Möglichkeit der sportlichen Betätigung nachzugehen.

„Vor acht Jahren aber musste ich meine alte Heimat verlassen.“ Schweren Herzens lässt Mischa Land und Leute hinter sich und kommt in die Bundesrepublik. „Aber wie heißt es so schön: „Wenn Gott eine Tür schließt, öffnet er dafür ein Fenster’,“ sagt er. Und das Fenster hat er für sich genutzt: 2014 erfüllt er sich seinen Traum und kommt zum Verein Armwrestling Berlin. Nach neun Monaten bereits macht sich Yonis einen Namen, indem er an Wettkämpfen teilnimmt, die zwar klein gewesen sind, wie er betont, aber ihn angespornt haben. „Und 2017 war es schließlich soweit.“ Nach knapp zwei Jahren im Verein entscheidet Yonis Mirza den ersten großen Wettkampf – die deutsche Meisterschaft 2017 in der Gewichtsklasse bis 80kg – gleich zweimal für sich.

Ab diesem Augenblick ist Mischa nicht mehr aufzuhalten: bis 2018 gewinnt er sage und schreibe sieben (!) Wettkämpfe. Unter diesen auch das prestigeträchtige Swiss Open 2017, an dem Armwrestler von sieben europäischen Staaten vertreten sind.

„Hierfür möchte ich mich ganz besonders bei meinem Trainer bedanken. Er hat von Anfang an an mich geglaubt“, sagt er ernst und kann sich nicht verkneifen, auch noch einen Scherz zu machen: „Natürlich verdanke ich meinen Erfolg auch meinen Eltern, aber sie haben so wie in meiner Kindheit bis jetzt davor Angst, dass ich mich bei diesem Sport verletze“, sagt er lachend.

Aktuell bereitet sich der junge Jeside auf die kommende deutsche Meisterschaft vor. „Ich trainiere dreimal die Woche jeweils zwei Stunden. Aber ich will mehr,“ sagt Yonis. Richtig zu trainieren, sei oberstes Gebot. „Das Training darf man sich nicht so wie bei einem Bodybuilder oder bei einem Ringer vorstellen. Beim Armwrestling ist es besonders wichtig, dass Hände und Finger trainiert werden und dass man an seiner Technik arbeitet.“

Yonis Mirza weiß, dass man nichts geschenkt bekommt:

„Ich gebe allen jesidischen Jugendlichen, die in Deutschland eine zweite Heimat gefunden haben, den Rat, diese Möglichkeit zur Entfaltung mit beiden Händen anzupacken und diesem Land auch etwas zurückzugeben.“ Gleichzeitig dürfe man dabei den Kern des Jesidentums nicht vergessen: „Egal was Ihr Euch vornehmt, vergesst nicht, woher ihr kommt und vergesst nicht, gute Menschen zu sein und gut zu bleiben, egal wie hoch ihr aufsteigt.“

Wir von „Stelle für jesidische Angelegenheiten e.V.“ jedenfalls drücken Yonis Mirza den Arm…pardon, die Daumen. Wir werden ihn selbstverständlich auch bei der kommenden Meisterschaft begleiten und wünschen ihm dabei viel Erfolg.